Trier. Zum 20. Jubiläum ging der Ausoniuspreis an den Hellenismus-Experten und Wissenschaftsmanager Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrke

Die Odyssee, der trojanische Krieg, Illias – wenn von griechischen Geschichten und Geschichte die Rede ist, lassen sich Fiktion und Realität oft nicht auseinanderhalten. Das liegt jedoch nicht an unserer neuzeitlichen Rezeption, sondern die Griechen selbst haben hier keinen Unterschied gemacht: Dichter und Künstler gestalteten gemeinsam mit dem Publikum bei Aufführungen mit Tanz, Gesang und Gelagen die Mythen-Geschichte. Aus vielen verschiedenen Geschichten bildete sich ein historisches Gewebe, bunt, wie am Webstuhl geordnet. Später verbanden sich die großen Geschichten mit aktuellen Zuständen und vermischten sich durch Migration und Kolonialisierung mit Geschichten anderer Völker. „Die welthistorische Bedeutung griechischer Texte spiegelt die hohe Attraktivität des greek way of life.“

In seinem Festvortrag „Griechische Mythen als Geschichte der Griechen“ anlässlich der Verleihung des Ausoniuspreises zeichnet Hans-Joachim Gehrke ein imposantes und farbenprächtiges Bild des Beginns der europäischen Literatur und Geschichtsschreibung – und bestätigt damit eindrucksvoll die Worte des Laudators: „Der Ausoniuspreis würdigt im 20. Jahr seines Bestehens das Lebenswerk einer herausragenden Persönlichkeit. Hans-Joachim Gehrke hat ganze Generationen von Hellenismusforschern beeinflusst. Es ist sein Verdienst, dass wir diese Epoche der Antike heute so prononciert und spannend sehen können“, so der Trierer Althistoriker Prof. Dr. Christoph Schäfer.

Der Preisträger wiederum hebt den besonderen Ort der Verleihung hervor: „Nirgends ist man der Antike so nah wie in Trier.“ Das gelte nicht nur in Bezug auf die Geschichte der Stadt, sondern auch mit Blick auf die Altertumswissenschaften an der Universität Trier, die weit über Trier hinaus eine herausragende Bedeutung erlangt hätten. Auch der Ausoniuspreis habe eine anerkannte Stellung im Fach, was nicht zuletzt die Liste der Preisträger widerspiegele – „ein beredtes Zeugnis kluger Auswahl“, so der Dekan des Fachbereichs III, Prof.  Dr. Torsten Mattern. Universitätspräsident Prof. Dr. Michael Jäckel nennt den Ausoniuspreis gar den „Oskar der Deutschen Altertumswissenschaften“.

Dieses Bild wird überdeutlich, als der Präsident schließlich den Preis überreicht: Neben einem Preisgeld von 1.500 Euro nimmt Hans-Joachim Gehrke eine Statuette des Ausonius in Empfang – eine Nachbildung der Ausonius-Statue in Neumagen-Dhron, dem einzigen Bildnis des Dichters. Antike Bildnisse von ihm sind nicht erhalten.

Zum Preisträger

Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrke ist ein herausragender Altertumswissenschaftler, der weit über die Grenzen des Faches Alte Geschichte gewirkt hat. Er ist Autor einer Vielzahl von Publikationen. Nach dem Studium der Fächer Geschichte, Klassische Philologie, Philosophie und Pädagogik wurde Hans-Joachim Gehrke 1973 an der Georg-August-Universität in Göttingen bei Alfred Heuß promoviert mit einer Arbeit zu dem athenischen Politiker und Feldherrn Phokion.

1982 habilitierte er ebenfalls in Göttingen mit einer Studie zu den inneren Kriegen in den griechischen Staaten des 5. und 4. Jahrhunderts v.Chr. Im gleichen Jahr wurde er bereits auf eine Professur an die Universität Würzburg berufen. Zwei Jahre später wurde er zum Ordinarius an der Freien Universität Berlin ernannt, ehe er 1987 als Ordinarius an die Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg wechselte. Von 2008 bis 2011 war er Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin. Im Februar 2017 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität Köln. Er war in zahlreichen Gremien und Institutionen tätig und hat weit über die Grenzen des Faches hinaus die deutsche Wissenschaftslandschaft der letzten Jahrzehnte mitgeprägt.

 

Zum Ausonius-Preis

Den Ausonius-Preis verleihen die Fachbereiche II und III der Universität Trier seit 1998 einmal jährlich in Anerkennung einer herausragenden wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der Klassischen Philologie oder der Alten Geschichte oder in Anerkennung des wissenschaftlichen Gesamtwerks in diesen Fächern. Benannt ist die Auszeichnung nach dem spätantiken Dichter Ausonius, der im Jahr 365 als Lehrer und Erzieher an den kaiserlichen Hof nach Trier kam. In der Reisebeschreibung „Mosella“ schildert Ausonius die Mosellandschaft und die Stadt Trier.

 

 

Foto: Universität Trier

 

 

CvD: Sven Herzog Saarbrücken Trier